Der Spaziergang, sei er als sprachlich verhandeltes Thema oder als kulturelles Dispositiv gefasst, hat seit einigen Jahren Eingang in die Forschung gefunden. Das 18. Jahrhundert, in dem sich feudale Sitten der geselligen Unterhaltung in bürgerliche Praktiken der Natursuche und der Bildung von Öffentlichkeit verwandeln und beide sozialen Formen des spielerischen Weltgenusses vielfache Hybridisierung hervorbringen, ist besonders reich an diesbezüglichen Gestaltungen der ambulatorischen Entspannung. Nationalkulturelle Eigenheiten differenzieren diese Welle öffentlicher und privater Begeisterung für die zerstreuende Ortsveränderung noch zusätzlich aus. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die französische ‹promenade› behält vielleicht stärker als der deutsche ‹Spaziergang› (und seine romantischen Derivate wie die ‹Wanderung›) Aspekte des Sich-Zeigens in der Öffentlichkeit sowie Momente einer Fixierung, wie sie sich im synekdochalen Doppelsinn des Wortes als ‹ausgebauter Spazierweg› und ‹Durchführung› des ambulatorischen Gestus verbergen. Das französische 18. Jahrhundert kann wegen der in ihm sich vollziehenden sozialen und kulturellen Verwerfungen jedenfalls als die Epoche gelten, in der sich vielfältige kulturelle, soziale und nationale Differenzen bei der Organisation dieser Praktik der Muße herausbilden.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2023.02.41 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1866-5381 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2023 |
Veröffentlicht: | 2023-11-23 |
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