Diese Anzeige soll mit einem Gedankenexperiment beginnen. Man stelle sich vor, dass alle Leser und Leserinnen die Werke Shakespeares und alle Zuschauer und Zuschauerinnen seine Dramen weltweit in englischer Sprache rezipieren könnten, und dass somit die Notwendigkeit von Übersetzungen entfallen würde. Ein solcher, hier nur spekulativ angenommener direkter Zugang aller zu Shakespeares Text wäre aber kein Segen für die Menschheit, sondern ganz im Gegenteil würde es sich dabei um eine totalisierende Vereinheitlichung handeln, denn gerade im Übersetzen manifestiert sich ein fortwährendes Bemühen um Verständnis, Aneignung, Anverwandlung und eine vielfältige, die Kulturen und Einzelsprachen übergreifende Dispersion und Amalgamierung von Shakespeares Werk. Es mag paradox erscheinen, aber durch das Übersetzen wird Shakespeare produktiv am Leben gehalten. Während man bei den Originaltexten von der Suche nach einem definitiven Text reden kann, sind Übersetzungen immer neue Versuche, die in einen stetigen und unaufhörlichen Prozess der Revision eingebunden sind. Das zu besprechende Werk liefert dafür einen eindrucksvollen Beweis. In ihrer argumentativ verdichteten Einleitung formulieren die Herausgeberinnen provokativ, aber durchaus mit Recht, dass es vorwiegend der Grad und die Reichweite der Neu-Artikulationen und der Re-Imaginationen („degree and range of rearticulations and reimaginations“) von Shakespeares Werk gewesen seien, die seinen herausragenden Status bewahrt hätten. Die Wahl des Hamlet als Untersuchungsobjekt – das kanonischste unter den insgesamt kanonischen Werken Shakespeares – ist gut begründet.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2023.02.27 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1866-5381 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2023 |
Veröffentlicht: | 2023-11-23 |
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