Die bewegte Rezeption des Orlando furioso stellt seit Langem ein produktives Feld der Ariosto-Forschung dar. Während sich ältere Studien den Kanonisierungsprozessen oder der dichtungstheoretischen Reflexion im Cinquecento zugewendet haben und jüngere Untersuchungen narrative Verfahren wie die Fiktionsironie in den Mittelpunkt stellen, hat Francesco Lucioli jetzt ein bisher wenig bekanntes Kapitel der Rezeptionsgeschichte des Furioso erschlossen, nämlich die Verarbeitung Ariost’scher Oktaven im Rahmen der sogenannten tramutazione. Gemeint ist damit nicht jede beliebige intertextuelle Transformation, sondern eine nach festen Regeln verfahrende literarische Gattung, die Lucioli in der Einleitung seines Buchs von anderen Praktiken wie den stralci (Publikation von Auszügen des Furioso) und dem centone (Zusammenstellung eines neuen Textes aus Zitaten) abgrenzt. Im Fall der tramutazione werden die acht Verse einer Oktave des Furioso voneinander getrennt und als finale Verse in acht neu verfasste Oktaven eingefügt (wobei dieses Modell allerlei kleinere Variationen zulässt). Es handelt sich somit um die italienische Variante der lyrischen Kunstübung, die in der spanischen Literatur als glosa bekannt ist.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2022.01.47 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1866-5381 |
Ausgabe / Jahr: | 1 / 2022 |
Veröffentlicht: | 2022-05-24 |
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