Die Studie Imagining the Woman Reader in the Age of Dante setzt mit der Interpretation eines Bildes ein. Auf dem toskanischen Fresko im Palazzo Comunale von San Gimignano findet sich eine Art «Urszene» für die in der Studie untersuchte Figur des weiblichen Lesens. Das Fresko stellt eine Leseszene dar, die eine weibliche und eine männliche Person im Akt des Lesens zeigt. Während die männliche Person das Buch in den Händen hält, beugt sich die weibliche ihn umarmend über ihn herab. Im verwischten Kopfbereich sind dabei weder das Gesicht des Mannes noch das der Frau zu erkennen, so als hätte man, um die Szene unlesbar zu machen, die Gesichter ausgewischt. Die Doppelstruktur von Lesen und Lieben, die die Gesten gleichwohl enthüllen, ist als der lesbare Rest des Bildes übrig geblieben. In dieser Szene identifiziert Lombardi eine grundlegende Szene des Lesens, indem ununterscheidbar wird, wer liest. Das gesichtslose Paar ist damit das Emblem methodischer Probleme der mittelalterlichen Leseszene, die an Dante und Beatrice oder Paolo und Francesca erinnert. In ihrer Gesichtslosigkeit erweist sich die Szene als Ort der Verunsicherung oder als Leerstelle. Der Leser oder, besser gesagt, die Leserin ist nicht im Bild.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2020.02.25 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1866-5381 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2020 |
Veröffentlicht: | 2020-11-24 |
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