Im berühmten Bienengleichnis, wie es Seneca am traditionsmächtigsten formuliert hat, werden die zukünftigen Autoren angeleitet, wie sie ihre Werke zu verfassen haben: Wie die Bienen Honig aus vielen Blüten machen, so sollen auch die Schriftsteller aus vielen Werken saugen, den fleißig gesammelten Nektar verdauen und so einen Honig mit einem unverwechselbaren, mit ihrem eigenen Geschmack nämlich gewinnen. In dieser Aneignung von Fremdem wird die Tradition wiederbelebt. Einzigartigkeit hängt an der richtigen Verdauung des Einverleibten. “Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus dem Mund Gottes geht” aus dem Neuen Testament (Matthäus 4,4) und “Nehmet und esset, dies ist mein Leib” der Eucharistie ist ein weiterer Ausgangspunkt der Untersuchung von Christine Ott. Augustinus’ Unterscheidung vom vergiftenden Buchstaben der Literatur, der süchtig macht, und dem Buchstaben der Heiligen Schrift, die ihn nährt, hätten das Feld schön abgesteckt. Die Vermischung von sexueller und alimentärer Dimension zeigt sich bereits hier in der Spätantike. Denn schließlich vergleicht Augustinus die süchtig machende, vergiftende Lektüre der Dido-Episode der Aeneis, bei der er seinen Schmerz tränenreich genießt, statt seinen Seelentod zu beweinen, in den Confessiones mit einem Ehebruch gegen Gott, den Gatten seiner Seele.
DOI: | https://doi.org/10.37307/j.1866-5381.2014.02.26 |
Lizenz: | ESV-Lizenz |
ISSN: | 1866-5381 |
Ausgabe / Jahr: | 2 / 2014 |
Veröffentlicht: | 2014-11-19 |
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